Mit Stroh auf dem Weg zu einem besseren Schweineleben

Ein Schweineleben in der Intensivtierhaltung ist trostlos und monoton. Die Tiere haben gerade einmal genug Platz, um in Seitenlage auf den harten Betonspalten liegen zu können. Sie haben keine Beschäftigung außer einem Stück Holz, einem Kunststoffball oder die Buchtengenossen, mit denen sie dicht gepfercht zusammenleben. Die rangniederen Tiere können sich nicht zurückzuziehen oder stärkeren Tieren ausweichen, abgegrenzte Liegebereiche und Ruhezonen gibt es nicht. Vor lauter Langeweile und Frust entstehen bei den Tieren Verhaltensstörungen. Unter dem Spaltenboden schwimmt die Gülle aus Kot und Harn. So sieht das Leben von 90 Prozent der Schweine in der Stallhaltung in Deutschland aus.

Schweine sind äußerst intelligente, soziale und bewegungsfreudige Tiere. Anders als ihr Ruf sind sie zudem sehr reinlich und hygienisch. In der freien Natur würden sie den Tag damit verbringen die Erde nach Nahrung zu durchwühlen. Ferkel und junge Schweine würden spielen, rennen und springen. Geruht und geschlafen würde in einer Senke mit trockenem Gras oder Reisig. Zur Kühlung und zum Schutz gegen Insekten, Parasiten und Sonnenbrand würden sie sich ausgiebig in einer Suhle wälzen. Wenn Schweine die Wahl haben, würden sie nie dort koten und harnen, wo sie ihren Liegebereich haben.

Die Probleme einer Haltung ohne Einstreu

Mastscheine im Stall ohne Einstreu
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In der Stallhaltung haben sie diese Wahlmöglichkeiten nicht. Hier müssen sie in Buchten mit einem Betonboden leben, der mit Aussparungen versehen ist: der sogenannte Spaltenboden. Bewegen und Spielen, Ruhen und Schlafen – all das müssen die Tiere auf Beton und Spalten. Durch die Spalten wird Kot und Harn von den Schweinen beim Bewegen durchgetreten und fällt in den Güllekeller. Die Spaltenböden sind praktisch für den Betriebsablauf, verursachen bei den Schweinen aber schmerzhafte Liegebeulen, Gelenk- und Klauenentzündungen und offene Hautverletzungen. Einstreu gibt es keine, weil diese die Güllekanäle im Güllekeller verstopfen würde.

Die geruchsempfindlichen Tiere leben also immer direkt über ihren Ausscheidungen in einer Luft mit hohen Schadgaskonzentrationen. Atemwegserkrankungen und Bindehautentzündungen sind die Folge. Durch den ständigen Kontakt mit den eigenen Exkrementen können eitrige Abszesse entstehen. Weil der Platz so gering ist (gerade einmal 0,75 Quadratmeter pro Schwein bei 50 bis 110 Kilogramm Lebendgewicht in der Mast), haben die reinlichen Tiere keine Möglichkeit, ihre Bucht so zu strukturieren, dass sie sich weit genug von ihren Ausscheidungen entfernen können. Sie versuchen zwar eine Ecke der Bucht als Toilette zu nutzen, aber bis zum Trog oder Ruhebereich sind es nur ein paar Schritte.

Das Leben auf den Betonspalten ist eintönig und reizarm. Die neugierigen Tiere haben keine Möglichkeit zum Wühlen und Rüsseln. Die Umgebung in der Bucht verändert sich nicht und bietet somit keine Abwechslung oder die Möglichkeit Neues zu entdecken.

All dies führt bei den Tieren zu Frust, Stress, Angst und Verhaltenspathologien. Bei Absatzferkeln und Mastschweinen ist das gegenseitige Schwanz- und Ohrenbeißen die Folge, bei Muttersauen das Leerkauen, also das anlasslose Beißen auf Gegenständen oder das Kauen ohne Material im Maul. Dem Schwanzbeißen versuchen die Schweinehalter vorzubeugen, indem sie den Ferkeln den Ringelschwanz kürzen. Das Leerkauen und Ohrenbeißen soll durch Ablenkung und Beschäftigungsmaterial verhindert werden, doch die Seile und Gummischläuche, die den Tieren hierfür in die Buchten gehängt werden, sind sehr schnell uninteressant für die intelligenten Tiere. Diese Maßnahmen erfüllen lediglich die Bedürfnisse der Schweinehalter, weil sie einfach umzusetzen sind, haben aber nur wenig positiven Effekt auf die Tiere.

Die positiven Effekte von Einstreu

Es gibt hingegen ein einfaches Mittel, mit dem viele der aufgezählten Probleme deutlich gemildert werden können: Einstreu. Im Ökolandbau ist Einstreu vorgeschrieben, aber nicht in der konventionellen Schweinehaltung. Hier ist die Haltung auf Einstreu noch freiwillig. Etwa fünf Prozent der Schweinehalter halten Ihre Schweine bereits auf Einstreu oder auf planbefestigten Böden mit leichter Einstreu. Meist betrifft das aber nur die Mastschweine. Wenn in der Sauenhaltung Einstreu eingesetzt wird, dann eigentlich nur im Wartestall für die tragenden Sauen. Die Gestaltung dieser Strohhaltung ist sehr unterschiedlich. So kann eine Strohbucht zum Beispiel als Tiefstreubucht gestaltet sein: die Tiere haben dann eine Strohmatratze, die regelmäßig nachgestreut wird. Eine andere Möglichkeit kann sein, dass sich der Stall in einen Aktivitätsbereich auf Spalten und einen Liegebereich mit Stroh einteilt. Dieser Liegebereich kann als Tiefstrohbereich oder als planbefestigter Boden mit leichter Einstreu gestaltet sein. Die Gestaltung auf den einzelnen Betrieben hängt beispielsweise von den baulichen Gegebenheiten und dem lokalen Angebot an Einstreu ab.

Einstreu alleine reicht noch nicht

Schweine suhlen sich im Dreck
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Auch bei dieser Haltungsform kann es zu Verhaltensauffälligkeiten kommen, wenn die Tiere weiterhin zu wenig Platz und keinen Auslauf haben. Und verdrecktes, feuchtes oder sogar verschimmeltes Stroh haben Krankheiten und Wurmbefall zur Folge. Ebenso ist die Einschleppung von Tierseuchen durch die Einstreu möglich. Aber dies kann man durch ein gutes Management leicht verhindern. Gut umgesetzt, ist der Mehrwert von Strohhaltung für die Tiere eindeutig. Denn solche Einstreu ist eine sehr gute Möglichkeit, um den Problemen wie Kannibalismus und Stereotypien vorzubeugen. Die Schweine können sich beschäftigen und ihrem Wühl- und Erkundungsbedürfnis nachkommen. Zudem stärkt die Aufnahme von faserreichem Material die Gesundheit und somit Robustheit der Tiere und hat damit einen ganzheitlich positiven Effekt auf das Tier. Der Entstehung von Krankheiten des Bewegungsapparats und dem Einsatz von Antibiotika kann vorgebeugt werden. Auch die Strukturierung der Buchten kann durch Einstreu unterstützt werden. So können Schlaf- und Ruhezonen und durch Strohballen Rückzugsorte für rangniedere Tiere eingerichtet werden. Außerdem unterstützt die Haltung auf Einstreu die Trennung von Harn und Kot und kann somit zur Senkung der Schadgaskonzentration beitragen.

Einstreu ist allerdings nur ein erster, wenngleich wichtiger Schritt. Ein tiergerechteres Leben ist erst mit viel Platz, Auslauf und Sauberkeit möglich. Dann können die Schweine draußen eine Suhle anlegen und frei wählen, ob sie sich an der frischen Luft oder im Stall aufhalten. Die Außenklimareize bieten noch mehr Abwechslung als eine reine Strohhaltung ohne Auslauf, zudem wirkt sich wechselndes Außenklima positiv auf die Gesundheit der Tiere aus.

PROVIEH fordert daher, dass die Haltung auf Einstreu gesetzlich vorgeschrieben werden muss und mit strukturierter Umgebung, deutlich mehr Platz und Bewegungsmöglichkeiten einhergehen muss.

Nicole Langebeck

19.03.2021

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